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Finissage der Kunstausstellung und Konzert des Naghash-Ensembels

15-08-2016
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Über Jahrhunderte hinweg

Pia Pollack

 

Der letzte Tag der Deutsch-Armenischen Kulturtage in Berlin, der 03.07.2016, hatte zwei Schwerpunkte: die Ausstellung “Vier Lebenswege. Zwei Künstlerpaare in der Armenischen Tradition” und das Konzert des Naghash Ensembles - beide im Kulturhaus Karlshorst und ausgerichtet vom Verband der Europäischen und Armenischen Fachleuten e.V. (AEAE), unterstützt von Bezirksamt Berlin-Lichtenberg,Kulturhaus Karlshorst, Kulturabteilung der Botschaft der Republik Armenien, EUCFA e.V., “InteriorDAsein” in Berlin-Wedding und Restaurant Yerevan. Die Schirmherren der Veranstaltungsreihe sind Herr Dr. Martin Pätzold(MdB) und Kerstin Beurich, Kulturstadträtin Berlin-Lichtenberg.

Die Lebenswege der Künstler Mariam Aslamazyan, Nikolai Nikogosyan, Harutyun Kalentz und Armine Kalentz, geboren zwischen 1907 und 1920, prägten die armenische Malerei des 20. Jahrhunderts. Mkrtich Naghash, nach dessen Name das Ensemble sich nennt, ist hingegen ein Dichter und Miniaturmaler aus dem 15. Jahrhundert, der im Osmanischen Reich lebte und wirkte.  

Es war nicht bloß die räumliche Nähe der Galerie und des Konzertsaales, welche die beiden Veranstaltungen miteinander verknüpft hat, sondern die thematische Wendung, die über Kunstgattungen und Jahrhunderte hinweg einen roten Faden hat erscheinen lassen, der armenische Kulturräume neu erschließt. In beiden Fällen nimmt sich als Kernthema der „Gharib“ aus, der „Fremde“. Entgegen der herkömmlichen und naheliegenden Sicht darf „der“ Fremde oder „das“ Fremde nicht sofort und für immer mit fremdem „Land“ gleichgesetzt werden. „Heimat“ ist mehr als ein geografischer Ort, der staatlich umgrenzt ist und rechtlich zwischen „Bürgern“ und „Nichtbürgern“ scheidet. „Heimat“ kann, wie auch für Naghash, der seine Frau früh verloren hat, auch Familie heißen, das Zuhause, und für ihn als Christen das Jenseits – Fremd ist er, wie jeder anderer Mensch, in der diesseitigen Welt.   Die Gemälde der vier Künstler und die Vertonungen von John Hodian, einem in Philadelphia und New York aufgewachsenen armenischen Komponisten, zeigen, wie das Fremde auch das Künstlerisch Andersartige sein kann, zu dem man sich so oder so verhalten muss. Die Texte von Naghash in der Interpretation von Hodian zu hören und den Formalismus beider Künstlerpaare in der Handhabung der Farbe zu sehen, zeigt, wie man mit dem Fremden umgehen kann: Ablehnung oder Aneignung und Verwandlung.  

Gewiss sind für die Mehrzahl der Zeitgenossen nachmittelalterliche bzw. vormoderne Texte, wie die von Naghash, fremd, und für diese Texte selbst scheint gleichsam auf den ersten Ton die ihnen angemessene musikalische Sprache eine andere zu sein als die zeitgenössische. Und parallel dazu scheinen für Verfechter einer rein gegenständlichen Malerei die Werke der ausgestellten Künstler fremd und befremdend. Doch genau in diesem weiten Sinne ist das „Fremde“, die Fremdheit, eine Quelle der Frische und des Neuen, bei dem das Vertraute selbst als fremd erscheint.  

Die Werke und Lebenswege von Mariam Aslamazyan, Nikolai Nikogosyan, Harutyun Kalentz und Armine Kalentz genau so wie die Musik von John Hodian haben das vermeintlich Bekannte und Vertraute mit dem „Fremden“ angereichert und neue Schlaglichter auf diese armenischen Kulturräume geworfen. Die Deutsch-Armenischen Kulturtage 2016 in Berlin haben hierzu einen wertvollen Beitrag geleistet.  

 

VIDEOS

 

https://www.youtube.com/watch?v=sOerXJMk_Ys (Begrüßung: Mikayel Minasyan)

https://www.youtube.com/watch?v=TIZFLViIvu0 (Eröffnungsrede: Dr. Martin Pätzold, MdB)

https://www.youtube.com/watch?v=tnC5JOTiHFw (Grußwort: Dr. Catrin Gocksch, Kulturamtsleiterin Berlin-Lichtenberg)

https://www.youtube.com/watch?v=9CxqOe2HSd8 (Lied: "Diese Welt wahrlich hat keinen Glauben")

https://www.youtube.com/watch?v=ewxKWoZJzDo (Künstlerischer Leiter John Hodian stellt Nashash-Ensemble vor)

https://www.youtube.com/watch?v=4MjQ5o13M3k (Abschlußlied: "Freude")