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Berlin, 24. April 2015, 18:00 Uhr: “Nach der Vernichtung: Befund und Ausblick”- Gedenkveranstaltung mit Gebet

04-05-2015
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Vor genau hundert Jahren, am 24. April 1915, begann der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts. An jenem Tag nahmen die Jungtürken in Konstantinopel  2345 armenische Intellektuelle fest und kurz darauf ermordeten sie die meisten von ihnen. Massenverhaftungen, Deportationen und Massaker an der armenischen Bevölkerung im Osmanischen Reich nahmen einen katastrophalen Ausmass. 1,5 Millionen Armenier kamen dabei grausam um. Von diesen Massakern waren auch andere christlichen Minderheiten betroffen: die Aramäer, Assyrer, Chaldäer und Griechen.  Am 24. April 2015 organisierten die Association of the European and Armenian Experts e.V. (AEAE) und die Arbeitsgruppe Anerkennung – gegen Genozid, für Völkerverständigung e.V. (AGA) gemeinsam die Gedenkveranstaltung „Nach der Vernichtung: Befund und Ausblick“ in der Evangelischen St. Marienkirche in Berlin-Mitte und forderten die weltweite Anerkennung und Verurteilung des Völkermords an den Armeniern von 1915. Anwesend waren über 500 Gäste. Mit dem Thema “Nach der Vernichtung: Befund und Ausblick” aus der deutschen Sicht hielt Frau Dr. Tessa Hofmann-Savidis einen Vortrag. Die armenische Sichtweise erläuterte Herr Dr. Jirayr Kocharyan. Die Gedenkveranstaltung endete mit einem Gebet, die Frau Sonna Eypper(Armenische Kirchen- und Kulturgemeinde Berlin e.V.) und der Pfarrer der St. Marienkirche Herr Haußmann gemeinsam hielten. Die Gedenkveranstaltung umrahmte das Musikprogramm "Musik lindert Schmerzen". Die Begrüßung mit einer Schweigeminute machte der 1. Vorsitzender des AEAE e.V. Herr Mikayel Minasyan.

Nachstehend- der Begrüßungstext:   

 

Werter Pfarrer der St. Marienkirchengemeinde Herr Haußmann,

liebe Brüder und Schwester,

liebe Gäste    

 

Gestatten Sie mir, meine Begrüßung mit einer Schweigeminute zur Ehrung des Andenkens der unschuldigen Opfer des türkischen Völkermordes an den Armeniern von 1915 im Osmanichen Reich  stehend zu beginnen.  

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Heute ist ein sehr trauriger Tag: traurig nicht nur deswegen, weil 2345 armenische Intelektuellen und Persönlichkeiten vor 100 Jahren genau an diesem Tag in Konstantinopel verhaftet und die Meisten von ihnen kurz darauf ermordet wurden. Traurig nicht nur, weil dieser Tag, der 24. April, zu einem Symbol für die Verurteilung des genozidialen Verbrechens und für das Gedenken an die 1,5Mln armenischen Opfer und an die um 800.000 Aramäer, Griechen, Asyrern, Chalden (nach Angaben von Papst Franziskus) geworden ist, sondern auch dafür, dass nach 100 Jahren unsere Wunden nicht vernarbten, dass nach 100 Jahren wir noch trauern und aus diesem Trauer keinen Ausweg finden, dass nach 100 Jahren die Mehrheit des armenischen Volkes in der Fremde, im Exil, kämpft, um Armenier bzw. Armenierin zu bleiben, d.h. eigene Muttersprache nicht zu vergessen, eigenen Traditionen treu zu bleiben, eigene Kultur, Familien zu bewahren: kurz um alles zu tun, um eigene Identität nicht zu vergessen. Die Gefahr, Identität zu verlieren, ist desto trotz noch groß. Nach 100 Jahren kämpfen wir noch für eine Wahrheit, dass es ein Verbrechen gegen die Menschheit damals gegeben hat, das mit der UN- Konvention von 1949 als Völkermord benannt und verurteilt werden muss. Anstatt diese bereits mehrfach von meisten Wissenschaftlern der Welt bewiesene Wahrheit einfach zu akzeptieren, verweist die Türkei uns auf die Historikerkommission, spekuliert mit der Tragödie des Völkermordes, um gewiße innenstaatliche und außenpolitische Probleme zu lösen, schiebt sie auf lange Bank, versucht sie in Vergessenheit zu drängen, verwendet verschiedene Strategien und Technologien der Leugnungspolitik und malt im Gestalt eines Armeniers den Teufel an die Wand, d.h. verschafft ein Feindbild unter eigener Bevölkerung, indem sie den Opfer zum Täter macht und den Täter zum Unschuldigen vermindert. Auch nach 100 Jahren fehlt die Anerkennung und gerechte Bewertung dieser ungeheuren Geschehnisse am Anfang des 20. Jahrhunderts seitens der Regierungen und Parlamente nicht nur in der Türkei, sondern auch in vielen christlichen Ländern der Welt, die einfach das Wort „Genozid“(Völkermord) vermeiden. Gestern und heute setzten der Bundespräsident Joachim Gauck und der Deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert mit ihren klaren Worten ein für allemal ein Zeichen, dass die derartigen Verbrechen nie verjährt werden und die Dinge mit ihren Namen benannt werden sollen, sei es heute, morgen oder in 100 Jahren. Mein tiefster Dank an den Bundespräsidenten und Bundestagspräsidenten, die sich für die Einsetzung des Wortes „Völkermord“ entschieden und dadurch die Anerkennung einen Schritt näher zum Ziel gebracht haben. Um so enttäuschender ist aber die Haltung der Bundesregierung, die nachwievor fest an ihren alten Resolutionsantragstext klammert. Auch nach 100 Jahren ist das armenische Volk etnzweit und steht auf dem Scheideweg. Es sucht nach seiner zweiten Hälfte entweder im Mutterland Armenien oder unter der weltweit zerstreuten Diaspora: beide finden allerdings keinen Ausweg von den tiefgehenden heutigen Problemen, die eigentlich Folge der genozidialen Ereignisse von 1915 sind. Ja, heute wie jedes Jahr, erinnern wir uns an die Opfer, wir gedenken und fordern den Sieg der Gerechtigkeit und der Justiz. Der Sieg der Letzteren verfolgt keine Erfüllung eines Selbstzwecks, er ist dazu Berufen, den ersten Schritt zu sein zur Aufarbeitung von Folgen des Völkermordes. Um diesen Schritt aber zu machen, ist es erforderlich vorab den Befund festzustellen, was sich vor 100 Jahren ereignet hat, um danach den Ausblick zu ermöglichen.

In diesem Zusammenhang wird Frau Dr. Tessa Hofmann die deutsche Sichtweise hier und heute erläutern. Aus der armenischen Sicht trägt Herr Dr. Jirayr Kocharyan vor.

Für die künstlerische Gestaltung ist heute der Dudukspieler Herr Hayk Hakobyan aus Schweden angeflogen. Soloklavier spielt Frau Nelli Schmalenberg und mit Sologesang tritt der Tenor Herr Artak Kirakosyan auf. Im Anschluss unseres Gedenkabends findet ein Gebet statt, dass Frau Sona Eypper zusammen mt Pfarrer der St. Marienkirche Herrn Haußman aussprechen wird. Ich möchte mich zuletzt ganz herzlich beim Pfarrer der Evangelischen St. Marienkirche Herrn Haußmann bedanken, dass er die Kirche heute uns zur Verfügung gestellt hat, sowie beim Geschäftsführer des Klavierladens Friedriechstrasse GmbH Herrn Vorndran, der uns heute unentgeltlich das Klavier geliefert hat. Mein Dank geht auch an alle Künstlerinnen und Künstler, speziell an Frau Sona Eypper, die heute mit ihrem Einsatz den Abend  vervollständigen.

 

Danke...